Im Kanu auf dem Yukon

Von den Quellseen bis zur Beringsee

Once again: Die Yukon-Flats

Typisch alaskanisch verzögerte sich die Abfahrt am Samstag noch. Das Kanu, an dem ich noch eine Spritzdecke installieren ließ, war nämlich noch nicht fertig. Ich wurde langsam etwas nervös – besonders große Sorge hatte ich, eine windige Ausgangslage vorzufinden. Erst gegen 22 Uhr kamen wir in Circle an – Windstille. Und noch bevor ich sentimental oder zögerlich werden konnte, paddelte ich sofort los. Meine Kraft reichte aber verständlicherweise nicht besonders lange und so gegen 4 Uhr nachts legte ich dann an irgendeiner Insel an, kroch sofort ins Zelt. Auch am Morgen erwartete mich Windstille, die ich natürlich sofort weiter ausnutzte. Ich paddelte unter strahlend blauem Himmel. Unglaublich. Nur am frühen Nachmittag dräute von Westen her eine Gewitterwolke. Als es das erste mal grummelte, gab ich nach, legte an und wollte das Spektakel abwarten. Doch erst mal passierte nichts. Trotzdem wollte ich deswegen nicht gleich das Zelt wieder abbrechen, nur um dann böse überrascht zu werden. Blöderweise konnte man es im Zelt nicht aushalten vor Wärme, also legte ich mich einfach ans Ufer ein wenig in den Schatten. Mücken waren Gott sei Dank noch nicht unterwegs und ich schlummerte friedlich. Sand fegte plötzlich durch mein Gesicht, das Zelt wackelte – jetzt ging es doch los. Schnell alles verstaut und ab ins Zelt, Schotten dicht. Draußen war die Hölle los.

Geschichte wiederholt sich?
Peng! Knallte es. Häh? Nochmal: Peng! Es dauerte etwas, bis ich bemerkte: Durch meine offenabr höchst elegante Einstiegsaktion ins Zelt hatte ich es geschafft, meine Isomatte zu sprengen. Aber nicht komplett, sondern nur die Befestigungen im Inneren, so dass jetzt eine riesige Beule darin war. Oh man…das kann doch nicht wahr sein! Wenn ich mich schräg drauf lege geht das ja noch, aber das wird doch nicht besser? Egal. Ich schlafe erst mal. Aber es wurde draußen nicht besser. Das große Gewitter war zwar schnell vorbei, aber der Wind blieb. Also Warten. Das kannte ich ja schon…? Aber auch die damit verbundene schlechte Laune. Boa. Noch keine 2 Tage gepaddelt und schon sowas. Ich könnte kotzen. Gleiche Stelle (nee, noch früher), ähnlicher Mist. Warum zur Hölle musste ich das nochmal weitermachen? Es nützte alles nichts. Schlafen. Gucken. Weiterschlafen. Das ging dann auch den Montag so, meine Laune wurde nicht besser. Ich beschloss, in der Nacht zu paddeln, wenn es dann besser wäre. Und tatsächlich, das wurde es. Gegen 23 Uhr packte ich alles zusammen und paddelte durch eine unfassbar schöne Nacht und erreichte am Ende gegen 07.30 sogar – völlig erschöpft – Fort Yukon!

Kanu-Prominenz
Am Anleger erwartete mich eine Überraschung. Wolfang Schwarzer – den Kanuten wird dieser Name sicher etwas sagen – beendete zusammen mit seinen drei Reisegefährten hier seine Tour. Die Welt ist klein.
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Nach dem fälligen Schwätzchen und ein paar Fotos machte ich mich auf zu Ginny, dort wollte ich doch wenigstens Hallo sagen und Grüße von Thommy, Franky und Ralph bestellen. Eine Dusche und Wäsche machen gabs da natürlich auch, und ein ordentliches Nickerchen. Bei Daghos Haus am Fluss (Ginnys Sohn) konnte ich das Kanu parken und zelten. Schnell das zweite Nickerchen im Zelt gemacht, abend gegessen, mit Birgit geskypt und dann war es auch schon 10 Uhr abends – Zeit zum Aufbrechen, denn das Nachtpaddeln wollte ich beibehalten. Offenbar hat mich der Tag bzw. die Nacht vorher aber ziemlich erschöpft, so dass ich relativ früh eine schöne Insel ansteuerte, um Camp zu machen. Kurz vorher konnte ich den ersten freilebenden Wolf meines Lebens sehen – leider hatte ich das falsche Objektiv drauf und die Zeit zum Tauschen war zu knapp. Auf einem Bild kann man erahnen, dass da ein Wolf stehen muss. 🙂
Das Problem an dem Nachtpaddeln ist, dass man tagsüber schlafen muss. Da knallt aber die Sonne aufs Zelt und es wird unerträglich warm. Also aufgepasst, wo man das Zelt aufschlägt. In der nächsten Nacht schaffe ich es bis nach Beaver, einem klitzekleinen Örtchen in den Flats. Um 6 Uhr morgens versank ich fast im Schlamm am Ufer, und schaute mich dann um. Mir wurde schnell klar, hier nicht das Zelt aufzuschlagen. Generatoren liefen, kein geschützter Platz – ich verließ das Dorf wieder und zelte einfach auf der Insel gegenüber. Tagsüber, erholte ich zum Schutz vor der Sonne unterm Kanu im Schatten. Die Erschöpfung im Kopf machte sich bemerkbar, denn mir war irgendwie zum Heulen zumute. „Was tue ich mir hier eigentlich an? Der Fluss wird immer größer und nur mit solchen Verrenkungen funktioniert das? Ewig kann ich nicht durch die Nacht paddeln, denn irgendwann wirds auch wieder dunkel.“ Ich schlief aber unterm Kanu ein und die unproduktiven Gedanken verschwanden damit auch. Ein paar Überraschungen erwarteten mich in der folgenden Nacht: Erst dräute ein Gewitter, so dass ich schon anlegte und im strömenden Regen das Zelt aufbaute, dann verzog es sich wieder. Pah. Ich paddelte weiter.

Denis
Wieder gegen 6 oder 7 Uhr erreiche ich das Ziel, das ich mir vorher ausgeguckt hatte. Dort steht aber schon ein Zelt. Und Zeugs liegt am Ufer. Aber kein Boot? Ist hier etwa ein Unglück passiert? Ich will doch nur schlafen… Ich mache mich auf zum Zelt und rufe. Nach einiger Zeit kommt tatsächlich ein Kopf zum Vorschein. Es ist der Kanadier Denis Morin. Er schwimmt (!) den Fluss runter… Deswegen auch kein Boot. und das Zeugs am Ufer waren seine Ausrüstungs-Bojen(Floße?). Ich will ihn aber nicht lange stören und baue mein Zelt ein bißchen entfernt auf. Natürlich revanchiert er sich des Morgens für das Stören, als er sich verabschiedet. Ich schieße noch schnell ein paar Fotos von dieser für mich noch sehr skurrilen Situation (Denis beim Einsteigen ins Wasser – Neopren, Riverboard und Schwimmflossen), dann verkrieche ich mich wieder. Mistwetter.
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Denis erzählte auch, dass er das Gewitter letzte Nacht volle Rohr abbekommen hätte. Ich bin jedoch überglücklich, dass es schlechtes Wetter hat – es regnet den ganzen Tag. Das heißt für mich: Endlich lange im Zelt schlafen können! Natürlich werde ich etwas nervös, als es so gar nicht aufhören will, aber gegen 23 Uhr hört es doch auf, so dasss ich mich traue, etwas zu kochen und dann gegen 1 Uhr nachts weiterzupaddeln. Ich könnte sogar die Brücke erreichen. ich paddle und padddle also, lasse ds Dorf Stevens Village am Morgen neben mir liegen und bilde mir dann ein, gegen 11 Uhr an der „Brücke“ sein zu können (die Brücke ist die letzte Straßenanbindung des Yukon – siehe auch Eintrag „Little Bernd at the Bridge“). Ganz kurz machen sich ganz absurde Gedanken breit: Ich könnte ja noch Teile vom Viertelfinale gegen Italien sehen… das zerschlägt sich aber alles, als die Flats nach Stevens Village tatsächlich zu Ende sind und ich einsehen muss, dass der Fluss hier einfach nicht genug Strömung hat. Es zieht sich alles furchtbar in die Länge – Kauuuuuuuugummmmiiiiiii. Das ich natürlich schon die ganze Nacht durchgepaddelt bin, macht es nicht besser. Trotzdem schaffe ich es zur Brücke – ca. gegen 15 Uhr lege ich am Anleger an. Total kaputt. Jetzt schnell Birgit angerufen. Hatte ich sie doch gebeten, mit Hilfe meiner Kontakte eine neue Isomatte zu Brücke zukommen zu lassen. Leider hat das nicht funktioniert und ich versuche, mir etwas anderes einfallen zu lassen. Ich merke aber sehr schnell, dass ich sowohl Dünnpfiff denke als auch rede – die Erschöpfung macht sich mehr als bemerkbar – und verschiebe das nach einer sündhaft teueren Dusche und einem Bacon-Cheeseburger auf morgen. Erstmal schlafen.

Paddelbilanz
415 km in 7 Tagen (26.06. bis 02.07.), davon 1 Tag Schlechtwetter-Warten.
Schweres Navigieren? Hm. Bis Fort Yukon ließ ich das Boot treiben, wenn es unklar wurde. So konnte ich erkennen, wo die Hauptströmung lag. Funktionierte hervorragend. Fast zwangsläufig trieb es mich an gewissen Stellen entlang, die ich sogar wiedererkannte. Ab Fort Yukon nutze ich zusätzlich eine Karte, die mir Teilnehmer des Yukon1000-Rennens gegeben hatten (kennengelernt in Dawson vor zwei Jahren). Die Wasserflächen werden ab Fort Yukon größer, so dass man schon recht weit vom Ufer entfernt sein muss, um das Treiben-lassen konsequent fortzuführen. Ich habe die Karten benutzt und es hat funktioniert. Das Anstrengendste war vermutlich der verquere Tag-Nacht-Rythmus, den ich kurz nach dem Verdauen des Jetlags auf mich genommen habe, und die immer größer und langatmiger werdenden Abschnitte. Highlight war natürlich der Wolf! (Fast in der Mitte, zwischen Kiesbank und Treibholz…)
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Planänderung

Meine Reise im Kanu ist nach 885 km beendet. Nicht wegen des Wetters, sondern allein wegen meiner Entscheidung. Es fühlte sich einfach nicht gut, nicht richtig an, weiter zu machen. Der Fluß ist so furchtbar riesig, dass mir das Paddeln keinen richtigen Spass mehr gemacht hat und ich mich nicht wohl gefühlt habe. Spendenaktion hin, Spendenaktion her – Stolz hin, Stolz her. Es muss Spass machen und offenbar gehöre ich nicht zu denjenigen, die sich drei Wochen lang quälen können, um nachher sagen zu können, dass ich mich drei Wochen lang quälen kann. (Drei Wochen wären die geschätzte Restdauer in reiner Paddelzeit ohne Schlechtwetter auf 830 restlichen km.)

Ich versuche nun, auf anderen Wegen an die Beringsee zu gelangen!! Deswegen bitte nicht wundern, wenn die SPOT-Seite merkwürdige Ergebnisse liefert…

Das heißt aber nicht, dass es hier nichts zu schreiben gäbe. Habe ich trotzdem genug, aber Internet – und Zeit, etwas aufzuschreiben – ist hier oben etwas schlecht. Ich gebe mein Bestes 🙂 beim Schreiben und beim Reisen! Bis bald!

P.S. Ich bin nicht am Boden zerstört, keine Sorge!

Leinen los!

Puh. Nach drei anstrengenden Herumorganisier-Tagen in Fairbanks und Kurzzeit-Nervösität werde ich heute abend das Boot in Circle zu Wasser lassen. Es hat übrigens noch keinen Namen…

Mike, den ich vor zwei Jahren kennengelernt habe, wird mich in Begleitung seiner Enkelin dahin bringen. (siehe Eintrag „Roadtrip – Teil I) – die beiden machen dann ein kleines Camping-Wochenende daraus. Nachdem ich kurzfristig nervös geworden bin, weil er sich seit einer Woche nicht gemeldet hat (ich hätte schön blöd aus der Wäsche geguckt wenn das mit seinem „Ride“ nicht funktioniert hätte), ist er gestern (Freitag) direkt am Hostel vorbeigekommen und hat mich direkt zu einer lokalen Craft-Brewery (Hoodoos) hingeschleppt… hier gibt es ein gutes IPA. Kontakte sind einfach Gold wert!

Als ich das letzte mal in Circle war, bin ich „achtkantig“ aus der lokalen Supermarkt-Tankstelle geflogen: Es war kurz nach dem WM-Halbfinale gegen Brasilien. Nachdem ich rausgefunden hatte, dass das Halbfinale mit sage und schreibe sieben zu eins gegen Brasilien gewonnen wurde, musste ich mir bei youtube unbedingt die Tore angucken… leider hatte ich durch diese Aktion das Datenkontingent der Familie gesprengt, was sehr schnell aufgefallen ist. (Ich bin natürlich nicht rausgeflogen, ich habe nur einen deutlichen „Hinweis“ bekommen.)
Fussball wird es für mich diesmal allerdings nicht geben. Ich möche zwar Ft.Yukon wieder ansteuern, aber das Achtelfinale zu sehen wird nicht funktionieren (das Finale der WM 2014 konnte ich damals dort sehen 🙂 ).

Langsam steigt die Anspannung!

Ich möchte noch kurz Werbung für die von mir eingerichtete Spendenaktion machen: Auf der rechten Seite seht Ihr ein Bild von der Kampagne „Fühlen lassen“ der DKMS, die mich sehr berührt hat (siehe Eintrag „Wenn Aufgeben keine Alternative ist“). Anders als hier auf meiner Tour gibt es für Blutkrebs-Patienten nicht einfach so eine Ausstiegsmöglichkeit. Ich werde daher nach Abschluss der Tour einen Betrag pro von mir gepaddeltem Kilometer (es könnten ca. 1.600-1.700 km werden) an die DKMS spenden. Ich würde mich freuen, wenn Ihr Euch ebenfalls dazu begeistern könnt und und auch einen kleinen Betrag (in welcher Form auch immer) spenden mögt. (Und auch, ein wenig Leben auf die Spendenaktionsseite zu bringen.)

Wenn Aufgeben keine Alternative ist

„There is no choice.“      (Eddard Stark)


Ich schlurfe an der Straße entlang über den Bürgersteig. Es regnet und der Wind bläst kräftig, ich ziehe den Kragen meiner Jacke ein wenig fester. An einer Bushaltestelle fällt mein Blick auf ein Plakat. Man sieht das schweißperlende Gesicht eines jungen Mannes, er blickt konzentriert nach schräg unten. Was ist denn das für eine Werbung. Und wieso fällt die mir überhaupt auf – bin ich doch sonst ein Weltmeister im Übersehen von Werbung. Plötzlich donnert es, ich erschrecke kurz und haste weiter.

Ein paar Tage später fällt mir das gleiche Plakat wieder auf. Diesmal aus dem Auto – ich lese im Vorbeifahren etwas von Aufgeben und Alternative, aber das wars. Das Bild des jungen Mannes bleibt mir noch ein wenig im Kopf, aber der Straßenverkehr buhlt schnell und erfolgreich um meine Aufmerksamkeit.

Sie ist jetzt eineinhalb Jahre her, die große Tour. Nach einem einjährigen Pendelintermezzo in – nee aus – Osnabrück hat mich – bald uns – Münster wieder. Und es gibt immer noch Dinge, die mir keine Ruhe lassen. Werde ich jemals die Beringsee vom Kanu aus sehen? Diesen Gedanken im Kopf bleibe ich plötzlich stehen – ich bin gerade zu Fuß in Osnabrück unterwegs – so als ob mich dieser Gedanke zum Stehenbleiben zwingt. Als ob ich irgendwovor noch einmal tief Luft holen müsste. Als ich mir dessen bewusst werde, blicke ich mich um. Aus den Augenwinkeln… wieder dieses Plakat. Diesmal nicht, nein – diesmal sehe ich es mir genau an. Es ist gar keine „richtige“ Werbung.


„Kennst Du das, wenn Aufgeben keine Alternative ist?“


Ein Gefühlsausbruch überkommt mich. Tränen schießen mir in die Augen, mein Hals verengt sich. Ich weiß jetzt, was ich zu tun habe. Nicht nur für mich.

 

Soundtrack

Hallo Ihr Lieben.

Ein paar Einträge wird es noch geben. Und etwas abseits von mehr oder weniger  abenteuerlichen Geschichten möchte ich Euch noch ein wenig Akustik darbieten: Den Soundtrack! Mit jedem der folgenden Lieder verbinde ich ein Erlebnis, eine Situation und ein Gefühl während, vor oder nach der Reise…

Yukon
1. Ich wollte nie erwachsen sein (Nessajas Lied – Tabaluga) – Peter Maffay
Das das Lied zu allem passt, habe ich erst nachher rausgefunden 🙂

2. The Fight for freedom – Manowar
ohne Worte 🙂

3. Dirty Old Town – The Pogues
Eines meiner Lieblingslieder. Birgit hatte mir eine Mundharmonika für die Reise geschenkt, und das habe ich geübt (relativ erfolglos).

4. The River – Garth Brooks
Der Beste Paddel-Song, den es wohl gibt. Danke für den Tipp, Dirk!

5. Dirty Paws – Of Monsters and Men
Lief in Eds Wagen in Fort Yukon, als wir nach dem WM-Finale zu unseren Booten gebracht wurden. (Ed ist einer der Söhne von Ginny.)

6. Heart of steel – Manowar
ohne Worte

Beaver Creek / Fairbanks
7. That old wheel – Johnny Cash
Na was wohl: Wieder aufstehen und weiter gehts!

8. Don’t stop believing – Journey
Lief in Frankys Smartphone / MP3-Player. In Fort Yukon. Und in Fairbanks. Und…

Roadtrip
9. A Boy named Sue – Johnny Cash
dumdideldum… stellt Euch vor, jetzt im Pick-Up zu sitzen…

10. Lonesome Rider – Volbeat
Passend auf einem Roadtrip, gelle?

11. I walk the line – Johnny Cash

Denali
12. Forever wild – Susan Grace (ft. Ranger Andy Keller 😉 )
Denali – die Wildnis hat Geburtstag

13. Sweet Alaska – Susan Grace

Abschied aus Alaska
14. Alaska – Shadow Gallery
Einer meiner absoluten Lieblingssongs aus jüngeren Tagen fiel mir zum Abschied aus Alaska wieder vor die Füße.

Kauai und LA, Victoria
15. You might think I’m crazy – The Cars
War das erste Lied, das lief, als ich im Mietwagen auf Kauai das Radio einschaltete 🙂

Back
16. Home – Edward Sharpe and the magnetic zeros
ohne Worte

Rock sausages vor Victoria

Lihue. Ich stehe vorm Flughafen. Gleich gehts zurück. Wieso hab ich eigentlich unbedingt schon den Rückflug mitbuchen müssen? Nicht mehr lange, und ich bin zurück. In Deutschland. Ich hatte bei meiner Abreise ein Schlachtfeld hinterlassen – Wohnung aufgelöst, die Klamotten eingebunkert, Auto stehengelassen… wo soll ich denn eigentlich hin? Und was soll ich in Deutschland? Mir wird schwindelig. Und wenn ich einfach hierbleibe? Ich habe doch noch etwas Zeit? Ich setze mich auf eine Mauer, rempele vorher fast ein paar Leute an. Die Sonne brennt, ich gucke fahrig durch die Gegend. Ich rufe Birgit an. Sie meint, ich hätte Angst. Angst?? So ein Quatsch!

Doch.
Angst.
Nein.
Doch ich.
Habe Angst.
Vorm Zurückkommen.
Vorm Ankommen?
Vorm Wegbleiben.
Vorm Träumen?
Vorm Weitermachen.
Vorm Weiterträumen?
Doch. Ich
habe Angst.

Ich steige in den Flieger.
Zurück bleibt
die Freiheit
im Herzen.
Freiherz.

Wieder LA
Diesmal muss ich selbst zu Grace Shee finden, denn sie hatte einen Unfall mit Ihrem Wagen und fährt verständlicherweise nicht gleich wieder los. Wir gehen was Essen und erzählen Geschichten. Später buche ich meinen Rückflug um, der 26. September soll es nun werden, von Vancouver aus. Als ich auf das Datum sehe fällt mir auf, dass ich ja am 11. September auch im Flugzeug innerhalb der USA gesessen habe. 9-11. 911 ist übrigens in den USA die allgemeine Notrufnummer… Bryan holt mich am Abend ab, es gibt bei ihm zu Haus in Beverly Hills (!) leckere Burger, seine Frau Sandy wartet schon auf uns. Aber wir kommen zu spät, weil Bryan mich noch ein wenig durch Beverly Hills fährt. Ich kann mir schlimmeres vorstellen. Wir erzählen uns Geschichten von der Reise – ich bin unglaublich beeindruckt, in welcher Geschwindigkeit er es geschafft hat. Er erzählt aber auch von 3 Meter hohen Wellen bei Pilot Station – in dem Zeitraum, in dem ich kurz nach Fort Yukon feststeckte. Er erzählt auch von einen Mann in einem gelben Doppelkayak, der bei St. Marys aus einem Sturm gefischt wurde – oh-oh, hoffentlich war das nicht der Thomas… Ich stelle fest, dass es unglaublich schön ist, die Leute nach der Tour zu besuchen – aber morgen gehts schon nach Vancouver.

Rock sausages vor Victoria
Von Vancouver aus muss man noch eine kleine logistische Meisterleistung vollbringen, um nach Victoria auf Vancouver Island zu kommen. Angekommen, erwarte ich meine Cousine Karin in einem bekannten Schnellrestaurant. Karin wohnt in einer 3er-WG und ich darf in der Wohnküche auf dem Riesensofa nächtigen. Nach einem abendlichen Abstecher in die Uni-Kneipe (nur wenig übertrieben: es gibt es einen Durchgang aus der Bibliothek hinein) erkunde ich am folgenden Morgen den Hafen und beschließe spontan, noch einmal in ein Boot zu steigen. Leider sind alle Kanuverleiher ausgebucht oder krank. Ganz am Ende an der Fisherman’s Wharf findet sich jedoch doch noch ein Verleiher, allerdings bietet er nur Touren mit Guide an… na sowas brauche ich doch nicht mehr. Andererseits ist es jetzt auch egal. Ich will aufs Wasser. Ich bin der einzige Gast. Luke, „mein“ Guide (nicht mein Sohn…) freut sich auch. Wir fachsimpeln übers Paddeln und beobachten die Seehunde (Harbour Seals), die sich auf den Felsen vorm Hafen sonnen. „We call them rock sausages!“ meint Luke und macht ein Foto, auf dem ich reichlich dämlich grinse (ganz oben). Sehr passend. Am letzten Tag machen wir mit der WG noch einen kleinen Ausflug zum Thetis Lake, kochen abends ein wenig, dann wars das.

Das wars.
Das wars.
Ich steige in den Flieger.
Zurück bleibt
die Freiheit
im Herzen.
Freiherz.

Bilderstrecke zu „Hühnerhaufen und Strandphilosophen – Kauai“

Hühnerhaufen und Strandphilosophen – Kauai

Lihue, 30 Grad imSchatten. 3-Wetter Outdoor-Schichten an.
Nein, dass passt nicht zusammen. Aber die Klamotten waren auf jeden Fall zu warm und ich kann mich doch nicht auf dem Flughafen umziehen.

Blablabla. Es musste ein Auto her. Eins, in dem ich die Sitze so umbauen konnte, dass ich auch drin schlafen kann, war ich doch schon zu faul zum Zelt aufbauen geworden. Und ich hatte absolut keinen Plan, was ich jetzt auf der Insel machen würde. „Go to the north“, riet mir der Mann von der Autovermietung. „As I was young and came here the very first time – well in deed I stayed – I stayed the whole summer at the beaches in the north. Anini Beach is the most beautiful, but you might as well enjoy the other… blablablablabla…. I will show you on the map… blablablabla….“ An den Rest kann ich mich nicht mehr erinnern, es war einfach zuviel. Aber das Wort „Anini“ konnte ich mir merken. Ich stieg in den Wagen und… stieg wieder aus, hatte ich doch etwas am Schalter vergessen. Dabei trat ich fast auf ein Huhn und erschreckt uns beide damit zu Tode. Ein Huhn??? Noch wunderte ich mich. Aber die liefen auf der Insel überall rum, wie ich noch lernen sollte. Das altbekannte Programm begann wieder von vorn. Einkaufen. Brennspiritus für meinen Trangia-Brenner besorgen (das ist außerhalb Europas absolut kein Kinderspiel!). Badematte, Hawaii-Hemd und Badehose durften nicht fehlen. Und als das dann endlich erledigt war, fuhr ich brav nach Anweisung in den Norden, fand den Anini Beach und blieb. Ich dachte ich träume. Nix mit von Touristenleibern überfüllten, endlosen Sandstränden. Eine riesengroße, ebene Rasenfläche wurde von einer 5 Meter tiefen Waldhecke begrenzt, dahinter wartete der ebenfalls nur ca. 5 Meter tiefe Sandstrand. Und dann kam das Meer. Es waren zwar auch Menschen da, aber die fielen gar nicht auf. Und befreiend warm war es. Nicht drückend-schwül oder etwas in der Art, einfach nur angenehm warm. Also, wenn man sich nicht bewegte.

„Where are you from?“ Riss man mich aus meinem Staunen. Ich drehte mich um und blickte in ein wettergegerbtes Gesicht. Es war Richard, ein Fischer aus – Trommelwirbel – Alaska. Im Sommer in Alaska arbeiten und dem Winter auf Hawaii trotzen. Er erklärte mir schnell, wie das hier mit den Campgrounds funkionierte. Man brauchte nämlich doch Permits. Für sagenhafte 3 $ pro Nacht. Uiuiui. Ob ich mir das noch leisten kann? Die Permits bekommt man in ich-habe-den-Namen-vergessen und die haben nur von 12 bis Mittag auf. Und am Wochenende zu. Aber wenn man die Kontrolleure beim Rundgang morgens nett anguckt kommt man auch so klar. Aha. Nett gucken. Ich. Hmm. Richard empfahl mir außerdem, den sog. Kalalau-Trail zu erwandern und für einen Internetzugang mal in den öffentlichen Büchereien vorbeizuschauen.

Bei der Zubereitung des Abendessens machte ich das erst mal seit langem wieder Bekanntschaft mit nächtlicher Dunkelheit. Und zwar ab Punkt 19 Uhr. Gruselig. Ich schlich zum Strand und legte mich unter den Sternenhimmel. Sternschnuppen zu Hauf, am Horizont waren die Lichter und Umrisse eines Kreuzfahrtschifes zu sehen. Ich schlief ein.

Ein Krähen weckte mich. Aber nicht am Strand, denn dort hatten mich Krabben dauernd mit Sand beworfen. Zu bestimmten Tages- bzw. Nachtzeiten kommen die aus Ihren Höhlen im Strandsand gekrochen und haben dann neben der Nahrungssuche (gerne kleinere Artgenossen) ausschließlich damit zu tun, ihren Höhleneingang einer Kehrwoche zu unterziehen. Was lege ich mich auch vor deren Haustür. Zurück zum Krähen – ich hatte die Nacht im Auto verbracht. Da waren sie also, die Horden von Hühnern. Was ist denn hier los??? Aber die tun ja keinem was. Nach dem Frühstück besorgte ich mir in Princeville einen Bibliotheksausweis, fand heraus, dass man für den Kalalau-Trail einen Permit brauchte, es aber natürlich für die ganze nächste Woche keinen mehr gab und stampfte das ganze auf eine Tageswanderung zum Hanakapai’ai Beach und einem Wasserfall im Hinterland. Für Montag besorgte ich mir ein Kajak, wollte ich doch Hawaiis vermeintlich einzigen „schiffbaren“ Fluß, den Wailua, bepaddeln. Am Abend fuhr ich dann schon einmal Richtung Trailhead am Ke’e Beach und blieb in der Nähe, am Haena Beach. Ich wollte früh aufstehen, um nicht in der Mittagshitze wandern zu müssen. Überall wurde vor den Anstrengungen der Wanderung gewarnt, man solle viel Wasser mitnehmen, sich auf schlechtestes Wetter einstellen, blablabla. Wie ernst konnte ich das jetzt nehmen, es war ja andererseits auch eine „übliche“ Tageswanderung. Egal, ich nahm meinen – für eine Tageswanderung viel zu monströsen – Trekkingrucksack, stopfte rein als wollte ich wieder zurück nach Alaska und zog in Badeshorts, T-Shirt und Wanderstiefeln los. Muss lustig ausgesehen haben.

Kalalau-Map

Ich habe noch nie so viel geschwitzt – ich hatte auf keinen Fall zu viel Wasser mitgenommen. Und der Trail war wirklich nicht ganz einfach, aber auf die Survival-Ausrüstung „für alle Fälle“ hätte ich dann doch getrost verzichten können. Egal. Ich legte eine Pause am Hanakapai’ai Beach ein, wo der eigentliche Kalalau-Trail weiter die Küste entlang führt, meine Tagesroute aber in den Dschungel führt, den Hanakapai’ai-Fluß hinauf. Am Beach selber wurde eine Strichliste als Warnschild geführt: Wegen nicht zu erkennenden Strömungen in der Brandung soll man auf keinen Fall runter zum Wasser gehen – 86 Menschen seien hier schon ertrunken… Nicht, dass das irgendjemanden interessiert hätte.

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Am Ende der Wanderung wartete ein Huhn.

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Nein, ein Wasserfall, die „Hanakapai’ai-Falls“. Und ein Haufen Menschen. Und ein Huhn. Dann gings den gleichen Weg zurück.

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Wailua-River und der Rest
Am Montag besorgte ich mir erst mal ganz hoch offiziell für 3 $ je Nacht die Permits zum Campen, um am Mittag ins Kajak auf den Wailua zu hüpfen. Der Abend brachte einen neuen Strand, den Anahola Beach. Hier konnte ich das Zelt direkt am Meer aufbauen (im Auto wars doch einfach zu warm). Ich fuhr noch einen Tag auf der Insel herum, organisierte mir den Flug von LA nach Vancouver, und verbrachte den Rest der Zeit im Wesentlichen mit Nichstun. Ich fand, das hatte ich mir verdient. Am folgenden Freitag gings nach einer Woche zurück nach LA.

High-End Philosophie – a constant living in fear
Ich war dazu übergegangen, Anhalter mitzunehmen. Schließlich hatte ich ja schon gewaltig davon profitiert – irgendwie wollte ich das auch zurück geben. Irgendwann war auch so ein Surfertyp dabei – er war aber Masseur, wie er erzählte. Obendrein ein wenig zugedröhnt. Na das kann ja was werden. Ich erzählte von dem, was ich vorher gemacht hatte und erntete Bewunderung, im Gegenzug erzählte er davon, wie es ihn vor ein paar Jahren nach Hawaii verschlagen hatte. Er hatte auch einen Sommer am Kalalau Beach gelebt, wo man nur über den Trail hinkommt, für den ich keinen Permit mehr bekommen hatte. Ich erwähnte mein „Glück“ mit dem Permit. „Permit? What? You don’t need that. There is even a small village and nobody has a permit when they march to town sometimes.“ … Ich war sprachlos. „Uh… I see. So the mistake I made is that I took some rule serious? Might be… well in Germany we we have rules for everything… unimaginable. Germany his highly populated, say overcowded. And because of that…“ fing ich an zu salbadern, wurde aber mit „So people in Germany are living in a constant fear of anything?“ unterbrochen. Wieder war ich sprachlos. Nach nur 15 minütiger Unterhaltung hatte er alle Deutschen in einer ihrer Gemeinsamkeiten durchschaut. Es passte einfach. Wenn ich an all das Beschweren, Jammern, Meckern, Diskutieren, Wählen und Abwägen denke; an das Sorgen machen über Rente, Krankheit, Kredit abbezahlen, alles Mögliche mindestens 3 Jahre im voraus planen, der Nachbar hat die Kehrwoche nicht eingehalten (oder sich ein neues Auto gekauft)… die Liste könnte fast endlos weitergehen. Es passt.
A constant living in fear. Ein zugedröhnter Typ liefert High-End Philosophie frei in den Mietwagen. Unfassbar.

No shields
Hawaii war befreiend. Mit einem Mal war alles mühselige der letzten Wochen, besser der letzten Monate weg. Zeltplatz suchen, nicht in einer Kuhle, aber geschützt. Beim Kochen Aufpassen um keine Bären mit Nahrungsmittelresten anzulocken. Alles möglichst geruchsdicht verpacken. Warm anziehen. Wo gibt es Wasser. Was macht das Wetter, regnet es bald? Was macht Freund Wind? Gibt es eine gute Stelle für eine Wetterpause? Wo ist das Bärenspray? Wo bin ich überhaupt? Wird das Kanu weggespült wenn das Wasser steigt? Wie weit stelle ich die Tonnen weg vom Lagerplatz?…
Alles egal. Keine „Schilde“ mehr nötig gegen alle möglichen Widrigkeiten der Natur. Nur Zelt an den Strand, mit der Brandung einschlafen und wieder aufstehen. Blick direkt aufs Wasser…
Werde ich deswegen von jetzt an „den Norden“ meiden? Keinesfalls. Auf die Abwechslung kommt es an.

Denali sucht den Superstar, wie verschickt man eine Axt und wo liegt eigentlich Hollywood?

Das war es also. Tiefe Ermüdung übermannte mich, als ich den Park verließ. Vor allem als ich den prall gefüllten Packsack und die Paddel wieder in Empfang nahm, die ich kurz vor dem Ende von Roadtrip II schon einmal im Salmon Bake (ein Gasthaus mit Übernachtung) am Eingang vom Denali deponiert hatte. Da war er wieder, der ganze Plunder. Wieder mit rumschlören. Juhu. Ich gönnte mir ein fettes Abendessen im Salmon Bake und spülte alles mit reichlich Bier hinunter. Für „Abendunterhaltung“ war auch gesorgt – die Aushilfskräfte, die im Sommer um den Denali herum arbeiten (meistens Studenten us allen möglichen Ecken der Welt) hatten eine eigene „Denali-sucht-den-Supterstar“-Challenge ausgerufen und heute abend war Halbfinale. Jetzt weiß ich auch warum ich das nicht im TV gucke.
Wo war eigentlich der Doran abgeblieben? Bestand da nicht die Möglichkeit, dass er mich mitnimmt nach Anchorage? Ich hatte nur die Email. Doch der war leider schon weitergefahren auf die Kenai Halbinsel. Er bot mir aber an, ihn ab Anchorage auf seinem Weg zurück nach Kanada über den Top-of-the-world Highway und dann die Westküste bis hinunter nach Vancouver zu begleiten.

Anchorage
Drei Tage später konnte ich endlich die Hawaii Reise klar machen. Ich hatte mich außerdem dagegen entschieden, Doran zu begleiten, denn mit „dem Norden“ war ich „durch“, das spürte ich sehr deutlich. Leider war Anchorage-Hawaii und zurück nicht die beste Verbindung – 18 Stunden im Schnitt… meist mit mehreren Umstiegen. Viele der Flüge hatten einen Umstieg in Los Angeles. Aber moment mal, in LA wohnen doch Bryan Brown (s. Beitrag „Hobbithöhlen…“ vom beginn des Trips: https://yukonbernd.wordpress.com/2014/06/13/trottelbuchten-hobbithohlen-und-wer-ist-hier-eigentlich-der-boss/) und Grace Shee (eine Professorin für afrikanische Geschichte, die ich als Anhalterin auf der Kenai Halbinsel von Hope nach Seward mitgenommen hatte – s. auch http://www.youtube.com/watch?v=xpfNWbezUW4). Wenn ich sowieso über LA fliege, kann ich doch auch einfach von LA nach Hawaii und zurück fliegen und anschließend noch ein paar Besuche in LA machen? Bryan hatte sich inzwischen sogar gemeldet, denn er hatte in seinem Kajak am 27. Juli die Beringsee erreicht (er hat sich ganz schön über das Wetter beschwert). Und ich könnte dann auf dem Rückweg nach Deutschland über Vancouver fliegen und von dort aus noch meine Cousine Karin besuchen, die zwischenzeitlich für ein dreiviertel Jahr nach Victoria auf Vancouver Island zum studieren gezogen war… meine Güte taten sich da auf einmal Möglichkeiten auf. Aber Hawaii besteht aus mehreren Inseln, welche nehmen? Meine ursprüngliche Auswahl, „The Big island“ hatte mir der aktuell aktive Vulkan wieder madig gemacht. Bevor ich mich zu Tode recherchierte, entschied ich mich für die angeblich am wenigsten touristische Insel: Kauai. Auf der würden auch immer Filme gedreht… nein, nicht zu Tode recherchieren. Klick. Gebucht. Fertig.

Axt und Paket
Nur noch eine Sache war zu erledigen. Ich wollte endlich einen Teil der Ausrüstung loswerden. Aber da ich ja scho ein paar mal durchsortiert und verschenkt hatte, war nur noch der Teil übrig, den ich zwar jetzt nicht mehr brauchte, nicht aber verschenken oder wegwerfen wollte. Also nochmal dran, die gelbe Tasche vollgestopft und… ja, was nun? Nach einem halben Tag des Herumirrens, einer Menge netter hilfebereiter Menschen landete ich wieder bei der amerikanischen Post, die ich vorschnell mit „sowieso zu teuer“ beiseite gelegt hatte. Aber wehe, in dem Paket sind „gefährlichen Gegenstände“ drin. Knopfzellen-Batterien. Oder ein leerer Benzinkocher. Und die Axt. Alles musste ich wieder rausräumen. Gut, ein wenig blöd kam ich mir schon vor, als ich das zuletztgenannte Zeugs neben der Schlange am Schalter wieder rausräumte… wie überraschend, dass die amerikanische Post was dagegen hat, meine Axt zu versenden… als ich dann fertig war stellte ich mich – Axt in der einen, Tasche in der anderen Hand – wieder vor den Schalter. Ich äugte vorsichtig, ohne meinen Kopf zu bewegen, nach links und rechts. Sahen die Leute mich misstrauisch an? Denken die, ich raube gleich die Post aus? Nein. Schien ganz normal zu sein, mit einer Axt in der Hand vor dem Postschalter zu stehen. Ich adressierte das Paket unabgesprochen an Birgit. Die wird sich bestimmt freuen, ein dickes Paket aus Alaska zubekommen. Mit all den stinkenden Sachen drin. Hähähä. Aber halt, nein, ich musste noch haarklein auflisten, was alles in dem Paket ist. Und einzeln den Wert der Gegenstände schätzen. Nach einer kurzen, weinerlichen Schauspielvorstellung von mir kam ich drum herum, jeden einzelnen Gegenstand taxieren zu müssen, ich dürfte auch die Summe schätzen. Hinterfragt hatte ich das ganze nicht, jedenfalls nicht zu dem Zeitpunkt, dachte ich doch, das hätte irgendwas mit einer Absicherung des Paketinhaltes gegen Verlust oder Beschädigung zu tun. Wie blöd von mir – ich hätte das doch kennen müssen, denn ich hatte vor ca. Einem Jahr Karten, die ich mir aus Kanada schicken ließ, vom Zoll abolen müssen. Würde ich – ach nein, ich hatte ja an Birgit adressiert – dann in Deutschland auf dieses Reisenpaket mit gebrauchten, stinkenden Klamotten etwa Einfuhrumsatzsteuer auf die von mir geschätzte Summe zahlen müssen? … Wenn ja, hätte ich mir ein paar Auslacher verdient. Ich traf mich noch mit Doran auf ein paar Bier und einen Tag später gings los.

Auf Wiedersehen, Alaska! :-*

Mein Flieger zog seine Kreise um den Hollywood-Schriftzug. Ach, in Los Angeles war das? Reisen bildet. Grace Shee (s.o.) war so nett mich vom Flughafen LAX zu einem Busbahnhof zu lotsen und mich dort einzusammeln. Es gab eine kleine Stadtführung, so weit man das bei einer so entsetzlich riesigen Stadt machen kann, einen kurzen Gang über den Walk-of-fame und dann, endlich, ging es zum Flieger nach Hawaii.