Little Bernd at the bridge
Moment mal… Bacon-Cheeseburger?
An der Brücke ist das sog. Yukon-River Camp. Es ist Tankstelle, Motel und Schnellrestaurant in einem. Das vorletzte am Dalton Highway nordwärts Richtung Prudhoe Bay (Deadhorse) am Nordmeer. Trucks machen hier halt, und auch unfassbar viele Reisende für eine kurze Pause und ein schnelles Essen. Ein Paradies ist das hier aber wahrlich nicht. Der Dalton Highway ist eine Schotterpiste, so auch der Vorplatz vor dem „Camp“, das eigentlich nur eine Ansammlung von aneinandergereihten Containern auf der nordwestlichen Seite der Brücke ist, und im Winter wird es sogar geschlossen, wie ich erzählt bekomme. Wenn es regnet, ist es schlammig – wenn nicht, unfassbar staubig. Am Anfang des Vorplatzes hat eine Frau eine kleine Bretterbude, in der sie selbstgefertigte Andenken verkauft, und auf der anderen, östlichen Seite ist eine etwas größere Bude, in der so etwas wie ein Ranger sitzt – es gibt hier Infos über Flora und Fauna am Yukon und entlang des Dalton Highways. Rund um den Anleger auf der nordwestlichen Seite der Brücke stehen unglaublich viele PickUps und Anhänger – jeder in Alaska scheint hier sein Boot zu Wasser zu lassen. Insgesamt ist hier also quasi die Hölle los.
Hitch-Hikers Guide to Alaska
Was also tun mit der Isomatte? Vor Ort scheint niemand zufällig eine zu haben. Nach ein paar Telefonaten wird mir nerneut klar, wie schwierig das hier oben eigentlich ist. Es hilft nur eins: Per Anhalter nach Fairbanks. Aber von den wenigen, die nach Süden fahren, hält niemand an. Ich werde nervös, denn morgen ist der 4. Juli – Nationalfiertag. Da hat der Outdoorladen sicher auch nicht auf und dann verliere ich ja satte 3 Tage wegen einer Isomatte. Ein Telefonat später kehre ich aber beruhigt zu meinem Daumen-Raushalte-Punkt zurück und werde – natürlich – sofort mitgenommen. Ein RV (Wohnmobil) hält an und die beiden Freunde Bill und Chris, die sich vor Jahrzehnten auf dem Apalachian-Trail kennengelernt haben, nehmen mich mit. „Du sahst so aus wie wir damals, da mussten wir Dich mitnehmen“. Chris ist Professor an der Uni in Washington DC. Zufälle gibts…
Wir kommen sogar noch pünktlich vor Ladenschluss in Fairbanks an, ich kann alles besorgen. Für einen Hitch zurück ist es mir aber zu spät und ich kehre wieder in Billie’s Backpacker Hostel ein, Billie’s Sohn Franky (Billie ist übrigens eine Frau) bringt mich den nächsten morgen auch zu einer günstigen Stelle zum hitchen zurück zur Brücke. Das stellt sich dieses mal aber als überaus kompliziert heraus. Erst nimmt mich jemand ein paar Kilometer bis nach Fox weiter, dort ist eindeutiger, wer wirklich Richtung Norden will. Von dort nehmen mich Karl und seine Tochter mit, die nach Manly Hot Springs wollen, um dort Freunde von einer Kanutour abzuholen. An dem Abzweig lässt er mich raus – wer hier nach Norden will, will auch zur Brücke. „I dont’t have my raingear with me!“ sagte ich beim Einsteigen und bekam ein „No Problem, there’s shelter. I know the place.“ zur Antwort. Als wir jetzt aber tatsächlich da sind… nix mit Shelter, und am Himmel überall tiefgraue Wolken. Es ist Karl sichtlich unangenehm, aber schließlich sagt er „Hey, I am sure someone will pick you up immediately. Otherwise… You know, I’ll be back in a couple of hours and I could bring you back to town.“ Einen Augenblick später stehe ich mitten im… nichts. Ich gucke Karls langsam verschwindendem Wagen hinterher. Als es von irgendwoher grummelt, anfängt zu nieseln und ich merke, dass ich nicht weiß, wo ich das Bärenspray gelassen habe, überkommt mich das ungute Gefühl, gerade etwas sehr, SEHR Dummes gemacht zu haben.
Zwiebelringe mit Honig
Gefühlte drei Stunden später sitze ich schön im warmen Pick-Up von Yuri, einem estonischen Soldaten. Passiert ist bis dahin nichts. Es sind vielleicht zehn, zwölf Autos vorbeigekommen – soviel zu „immediately“ 🙂 Aber eben auch kein Unwetter. Fünf Minuten später öffnen sich dann aber die Himmelspforten mit aller Gewalt. Noch mal Glück gehabt… Wieder an der Brücke sehe ich nicht ganz überraschend das Zelt von Denis an der Rangerstation. Wir essen abends zusammen und unterhalten uns ziemlich lange. Denis bestellt Zwiebelringe mit Honig. Etwas, das ich im Leben nicht ausprobiert hätte, aber nun ganz hervorragend finde. Er ist 54 und hat vor drei Monaten seinen Job in der kanadischen IT-/Versicherungs-Branche an den Nagel gehängt. Dazu hat er sich vor weiteren zwei Jahren von seiner Lebensgefährtin getrennt, hat alles Mögliche verkauft ist – um Geld anzusparen – in eine kleine Wohnung gezogen, die nah an seiner Arbeit war. Er will jetzt nur noch reisen. Ausrüstung, Geld, Stauraum hat er überall in der Welt auf Freunde aufgeteilt. „Then it is time to remeber your friends.“ Wie sein Umfeld das denn so aufgenommen habe, will ich wissen. „Then it is time when you realize who is truly your friend.“, bekomme ich die mittlerweile für mich relativ vorhersehbare Antwort. Die Frau eines Freundes habe ihm sogar den Umgang mit selbigen verboten, damit er diesem keine „Flausen“ in den Kopf setzen kann. Ich frage mich im Stillen, ob dass denn funktioniert und ob das ein erstrebenswerter Umgang miteinander innerhalb einer Beziehung ist. Ich komme für mich zu einem eindeutigen Nein. Gegen 20 Uhr verabscheiden wir uns und verkriechen uns noch in unsere Zelte – wir brauchen noch etwas Ruhe, bevor es weitergeht. Ich kann aber nicht schlafen, wohl auch wegen des verqueren Nacht-/Tag-Rythmusses aus den Flats. Und auch, weil sich das Wetter so unklar zeigt. Wenn das morgen richtig schlecht ist, kann ich nicht paddeln und dann habe ich hier richtig Zeit verplempert. Nachdem ich mir eine gefühlte Ewigkeit so selbst auf die Nerven gegangen bin, packe ich schließlich alles ein und verschwinde von der Brücke. Heimlich in der Nacht Richtung Westen.
The little man and the bridge
As the little man approaches the bridge,
the people asked him: „North or south?“
„West“, he told’em.
But people wouldn’t listen.
People knew better.
The bridge can only be crossed north or south.
When the little man passes underneath the bridge towards west,
people are still heading north or south.