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Roadtrip – Teil I

Ja, ich habe es getan. Mich einer „Touri-Tour“ für den Dalton-Highway angeschlossen. Am Ende war es dann doch das mit den vorhandenen Mitteln und dem möglichen Zeitkorridor beste Lösung… Flug nach Prudhoe Bay bzw. Deadhorse und im Bulli zurück – 3 Tage (15. bis 17. August).

Tag 1: Flug nach Prudhoe Bay / Deadhorse
Der Wetterbericht verhieß nichts Gutes für den Flug, aber es wurde nicht so schlimm. Also außer im Nebel zu landen. Aber die Piloten hier oben verstehen ja ihr Handwerk mit den kleinen Maschinen. Kaum ausgestiegen, begrüßte mich Freund Wind mit einer eisigen Brise und pustete mich fast von der Mini-Treppe der 2-propellerigen Maschine. Gut. Alles beim Alten, da kann ja nichts schiefgehen.

Prudhoe Bay ist der Startpunkt der Trans-Alaska-Pipeline, die Öl aus den Ölfeldern hier oben bis in den Süden von Alaska, nach Valdez, befördert. Als beschlossen wurde, diese Ölfelder auszubeuten, war das gleichzeitig der Startpunkt für den Bau des Dalton Highways als Versorgungslinie. Aus dieser Zeit stammen auch noch die vielsagenden Namen der „Dörfer“ entlang des Dalton Highways. „Deadhorse“ ein paar Kilometer südlich von Prudhoe Bay, und „Coldfoot“ ca. in der Mitte zwischen Prudhoe Bay und der Brücke über den Yukon River. Der Name Deadhorse ging auf den Namen einer am Bau der Pipeline beteiligten Firma zurück, während Coldfoot auf – was sonst – Goldsucher zurückgeht.

„Mal eben zum Meer gehen“ geht hier allerdings nicht, das Gelände gehört den Ölfördergeselschaften und man wird nur nach vorheriger Anmeldung durch Tourgesellschaften zum Meer gelassen. Da war es dann also, das Nordmeer. Im Nebel. 🙂 Großartig Zeit zum Ausharren und sentimental werden hat man allerdings nicht, schnell wird man wieder verscheucht nach Deadhorse.

Abends wollte unser Fahrer und Guide Mike noch dem liegen gebliebenen Motorradfahrer Matt einen Gefallen tun und mit ihm das kaputte Rad abholen – am nächsten Tag würden wir ihn wieder dort absetzen. Nette Abwechslung dachte ich mir – komme ich doch mal mit. Die Belohnung war der Anblick von (von vorbeifahrenden LKWs und Autos völlig unbeeindruckten) Moschusochsen. Ein riesiges Erlebnis. Aber es bleibt irgendwie ein komische Geschmack zurück: Man steigt einfach aus dem Auto aus und knipst ein paar Fotos. Wenn man sich diese Begegnungen – wie im Kanu – selbst erarbeitet hat, ist das einfach etwas anderes. Die Fotos werde ich deswegen aber ganz sicher nicht löschen… 🙂

Tag 2: Deadhorse – Coldfoot
Mike hatte übrigens seine 12-jährige Enkeltochter mitgebracht. Voller Stolz trug sie ihr Taschenmesser mit sich herum, wie es „bei uns“ höchstens Jungen machen würden. Aber hier ist das eben anders – sie hat auch mit 11 ihren ersten Elch erlegt…
Wir setzten Matt an seinem Motorrad ab und weiter gings. Unterwegs hielten wir natürlich immer wieder mal an, um die Landschaft zu genießen und wo möglich, Tiere zu beobachten. Die Pipeline war dabei ständiger Begleiter, sie schlängelt sich wie eine Schlange mal links, mal rechts von der Schotterpiste. Dass die Pipeline nicht „gerade“ verläuft, hat mit der wärmeabhängigen (Aus-)Dehnungsfähigkeit der Metalls der Pipeline tun; z.B. könen die Röhren auf den Trägern auch „rutschen“. Gegen abend passieren wir von Dallschafen beobachtet den Atigun-Pass – die höchste Stelle des Dalton Hihways. Hier liegt zugleich auch die Wasserscheide, die die Einzugsgebiete des arktischen von denen des pazifischen Ozeans trennt. Östlich liegt bzw. lag das Arctic National Wildlife Refuge, westlich von uns liegt der Gates of the Arctic National Park der Brooks Range (Gebirgszug).

Tag 3: Coldfoot – Fairbanks
Heute morgen geht es zuerst ein bißchen zurück nach Wiseman, eine 14-Einwohner- Metropole. Auch ursprünglich von Goldsuchern gegründet. Einer der Einwohner, Jack, gibt eine kleine Führung und erzählt von seinem Leben als Jäger. Er uns seine Frau pflegen – soweit möglich – einen „subsistence Lifestyle“. Das heißt z.B., dass die Jagd ausgeübt wird, um sich selbst zu ernähren, nicht der Trophäen wegen. Wenn ich alles richtig aufgenommen habe, muss man als Jäger bei erlegtem Großwild nachweisen, dass das Fleisch auch einer Verwertung zugeführt wird bzw. wurde. Alles andere ist strafbar. Das beeindruckende Detail aber kommt, als er von seiner kürzlich verstorbenen Mutter erzählt. Sie hatte einen Herzanfall und entschied für sich, dass sie nicht „weit weg in ein Krankenhaus gebracht werden will – ihre Zeit sei dann eben gekommen“. Alle Kinder sind dann noch gekommen, um sich zu verabschieden und dann starb sie. Das nächstgelegene Krankenhaus wäre dann auch in Fairbanks, 260 Meilen entfernt. Die innere Zufriedenheit und Gelassenheit der Menschen hier oben beeindruckt mich immer wieder.

Wieder der Yukon
Nachdem wir den Polarkreis in Richtung Süden passiert haben, kommen wir zur Brücke über den Yukon. Ein bisschen komisch ist mir schon zumute, gehe runter zum Ufer und finde den Fluss in totaler (Wind-)Stille wieder. Doch bevor ich anfangen kann meine damalige Entscheidung nachträglich in Frage zu stellen, erfahre ich in der Ranger-Station, wie das Wetter hier in der Gegend bis gestern war… alles richtig gemacht und mein Gefühl war richtig. Puh.

Wieder Fairbanks
Nach dem Ende der Tour muss ich aber schon wieder nach vorne gucken – schließlich fahre ich ja ab morgen selbst. Schnell noch die Einkäufe erledigen. Im „Fred Meyer’s“ (Supermarktkette) treffe ich Sam, der mir ja seinen Wagen leiht. Was für ein Glück, er setzt mich wieder beim Hostel ab.

Fairbanks

Fairbanks (Ankunft am Mittwoch, den 6.8.)
Nun also standen ein paar „Stadttage“ an. Das übliche Spiel begann: Unterkunft suchen, einkaufen, Stadt abchecken.
Franky überzeugte uns schnell, ein Hostel „nah an der Innenstadt“ zu finden – schließlich wollten wir ja ein paar mal „Ausgehen“ und da ist ein kurzer Weg nach Hause nur von Vorteil. Deswegen gingen wir nicht zu „Sven’s Basecamp Hostel“, das uns von 2 Seiten empfohlen wurde. An diesem Tag ein wenig „spontan“ veranlagt, stiegen wir also einfach in das nächstbeste Taxi ein. „To some hostel near downtown, please!“.
Eine ereignis- und erfolglose Stadtrundfahrt später standen wir dann um einige Dollar erleichtert vor Sven’s Basecamp Hostel. Ich bekomme übrigens keine Provision von Sven.

Für mich hieß es wieder „neue Päne machen“, aber mir war eigentlich nach etwas Pause. Also schrieb ich Blog-Einträge, wählte Bilder für den Blog aus, bummelte durch den Tag. Abends schmissen wir meistens den Grill im Hostel an.
Irgendwann war mir klar, dass ich noch einen Roadtrip auf den Highways machen wollte. Und da ich die Beringsee ja vermutlich nicht sehen werde, wollte ich wenigstens das Polarmeer sehen. Da kann man nämlich mit dem Auto hinfahren…
Auf dem Dalton-Highway.
Ich wurde schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Ein Auto für die Strecke zu leihen ist nicht so einfach (der Highway ist bekannt dafür, Reifen und Stoßdämpfer zu vernichten – Schotterpiste). Und wahnsinig teuer. Trampen? Auch eine Möglichkeit, aber ich kann doch denen, die mich mitnehmen, nicht diktieren, wann man anhält um ein wenig die Gegend zu genießen…
Ein Auto kaufen? Für die kurze Zeit? Dann muss ich es ja nachher wieder loswerden. Auch nervig. Und teuer. Zum Glück trafen wir noch einmal Sam, der uns zum Beaver Creek gebracht hatte. Schnell stellte sich heraus, das Sam seinen Truck auch „verleiht“. Allerdings hatte er ihn erst ab dem 18. August verfügbar. Wenn Sam mir seinen Wagen leiht, muss ich ja nicht unbedingt den berüchtigten Dalton-Highway damit befahren. Ich ließ das Thema erst einmal ruhen und wählte weiter ein paar Bilder für den Blog aus.

Abschied
Nachdem Thmomy und Franky am Sonntag abgeflogen sind, besichtigte ich noch etwas „die Stadt“. Wer schon einmal in Kanada oder den USA war, weiß, dass es hier drüben einfach alles anders ist. GROß. „Mal eben rübergehen“ – Pustekuchen! Man muss hier schon ein Fahrrad haben (und ein wenig Mut) oder am besten ein Auto. Schließlich gibts ja hier drüben auch in für unsere Verhältnisse eher kleineren Städten – wie Fairbanks das wäre – mehrspurige Einbahnstraßen… aber das Hostel hatte Fahrräder.
Zu Erwähnen wäre hier besonders das „Museum of the North“ auf dem Campus der University of Alaska Fairbanks (UAF) – sehr schön. Als ich also in dem Museum umherschlenderte, kam mir die Idee, dass bei den vielen Klimaforschungs und Geophysikinstituten hier auf dem Campus doch vielleicht auch ein paar Forscher den Dalton-Highway rauffahren? Kann ich vielleicht bei denen mitfahren…? Aus der Idee wurde nichts, aber ich durfte dafür in besagten Instituten umherschlendern und mir alles ansehen. Die beschäftigen sich zum Beispiel ausgiebig mit den „Nordlichtern“ (Aurora Borealis, http://www.gi.alaska.edu/AuroraForecast/TravelersGuide). Beim Umherschleichen in den Gängen der Klimaforscher fiel mir ein Poster auf, auf dem eine Vielzahl Einheimischer zum Klimawandel befragt wurden. Die Welt ist so klein (oder Alaska hat einfach so wenig Einwohner): Clarence Alexander war darauf (siehe auch „Wieder Fort Yukon“, Obama…).


Daneben nahm ich noch die Einladung von Peter Kamper an, vorbeizukommen und im Austausch gegen Kaffe und Sandwiches ein wenig von unserer Tour auf dem Beaver Creek zu erzählen und traf mich mit Jason (siehe Beitrag „Dawson – Circle“: Alaskanische Gelassenheit) zum Frühstück. Mit Jason ist mir übrigens ein echter Abenteurer über den Weg gelaufen: http://news.google.com/newspapers?nid=1310&dat=19990128&id=4FFWAAAAIBAJ&sjid=9-sDAAAAIBAJ&pg=4985,7280415

Beaver Creek

Kurzer Time-Check: Ankunft am Nome-Creek (Einstieg für den Beaver Creek) abends am 23. Juli.
So also endet die Zeit als Flussreisender für mich noch nicht, auch von Freiherz muss ich mich noch nicht trennen 🙂 Aber was wird der Beaver mir bringen? Entschleunigung. Ein wenig mulmig wird mir schon, als mir klar wird, wie „wenig“ Strecke pro Tag diesmal vor uns liegt – das „so viel Strecke wie geht“ muss ich mir abgewöhnen. Und in der Tat, das Paddeln ist völlig anders.
Der Creek ist nur ein paar Meter breit und fließt viel schneller als zuletzt der Yukon. Sich treiben lassen geht nicht, ständige Aufmerksamkeit ist gefragt, um den richtigen Kanal zu wählen (sonst wird man auf Steinbänke geschoben) oder nicht unter ins Wasser ragende Bäume zu kommen.
Das bedeutet aber auch mehr Abwechslung beim Paddeln. Ich gewöhne mich schnell daran und freue mich fast, als das erste mal kräftiger Wind aufkommt – man kann auf dem Wasser nämlich (fast) nichts davon mitbekommen – unglaublich 😉

Zeit
Mit diesem anderen Zeitablauf bleibt viel mehr Zeit für andere Sachen – wir wandern ein paar Mal auf die umliegenden Berge rauf. Thommy fliegt Gleitschirm und nutzt diese Gelegenheiten reichlich aus. Auch bleibt Zeit, mal tatsächlich zu angeln. Franky hatte das schon seit längerer Zeit gemacht und ich probiere es dann auch mal aus. Gleich am Tag der ersten Versuche fange ich eine Äsche, die neben die bereits von Franky gefangenen auf das Lagerfeuer wandert. Einfach lecker!
Aber auch das Wetter ändert sich wieder, ändert sich schneller weil wir wieder direkt von Bergen umgeben sind. Nachts wird es kalt, sehr kalt. Einmal friert es sogar. Und das Ende Juli – und wir sind südlich des Polarkreises!
Aber damit nicht genug. „Endlich“ sehe ich meinen ersten Grizzly, der fast direkt in unser Camp marschiert, wahrscheinlich weil er die Fische auf dem Grill gerochen hat: Thommy hört Geräusche an den Booten und guckt kurz, kommt schnell darauf zurück – „da ist ein Bär“…
Meister Petz kommt ein Stückchen rauf, sieht uns und dreht ab. Weg ist er. Auch bekomme ich Gelegenheit und Zeit, ein paar Aufnahmen von Biebern aus nächster Nähe zu machen. Einfach schön.

Sweeper
Kurz nach der Halbzeit der Tour gibt es noch einmal Herzklopfen. Wir paddeln auf eine Verzweigung des Flusses zu, diskutieren über „geradeaus oder rechts“, entscheiden uns für rechts. Ich paddle nach rechts und muss mich kurz anstrengen (dass ist eigentlich das Zeichen, dass die Hauptströmung eben woanders langgeht…).
Kaum abgebogen sehe ich nach hinten, wo ich von den anderen beiden nur noch Franky hilflos-schulterzuckend sehe – aber in die andere Richtung. Na super. Viel Zeit mich zu ärgern habe ich aber nicht, muss mich voll auf die Strecke konzentrieren, extrem schnelle Entscheidungen treffen, Schwallstrecken mit Sweepern und Treibholzhaufen machen den Weg gefährlich. Schließlich sehe ich eine extrem schäbige Stelle auf mich zukommen. Ein Baum liegt Wurzel voran mitten im Fluß. An der Stelle, wo der (Vermutung) „Geradeaus-Arm“ von vor ein paar Minuten (von links) wieder reinkommt. Links und rechts von dem Baum sieht es zu gefährlich aus, aber Gott-sei-dank finde ich links vorher eine Stelle mit Kehrwasser,
in die ich schnell einschlage. Erst mal die Lage checken. So eine Kacke. Wo sind die beiden? Und warum habe ich die Sicherheit so schleifen lassen? GPS-Gerät und SPOT-Messenger trage ich schon länger nicht mehr am Körper. Also wieder dran das Zeug. Das GPS Gerät sagt außerdem, das der Beaver Creek gar keine Abweigung hier haben sollte. Aha, sehr hilfreich.
Was mache ich denn jetzt, wenn die beiden nicht wieder auftauchen? Und wie komme ich an dieser Stelle hier vorbei? Zurückpaddeln ist unmöglich. Schließlich mache ich eine einfache Stelle aus, die eigentlich gegen die Strömung des „Geradeaus-Arms“ geht. Selbst wenn ich da auflaufe, kann ich das Boot ziehen, ohne dass mir das Boot weggedrückt wird, wenn ich nicht drinsitze.
Also beschließe ich, erst einmal diese schäbige Stelle zu überwinden und danach wieder anzulanden. Doch plötzlich mache ich eine Gestalt auf der Rückseite der Insel (die den Creek eben in „geradeaus oder rechts“ aufteilt) aus. Längere Haare, könnte Franky sein. Plötzlich fängt die Gestalt an, sich auszuziehen. Was zur Hölle wird denn das? Und jetzt fängt die Gestalt an, durch den Fluß zu waten.
Es rattert in meiner Rübe. Klick – Kacke. Da ist was passiert. Was kann ich tun? Rüber zur Insel kann ich nicht. Moment mal. Ich hatte doch eine Lösung, wie ich um die schäbige Stelle drum herum kommen könnte, gegen die Strömung. Wenn das da geht, vielleicht auch noch weiter rauf… Los gehts – und es klappt!
Ich benutze das erste Mal die Signalpfeife, um der Gestalt – Franky, wie ich mir jetzt sehr sicher bin – zu signalisieren, dass noch jemand kommt.

Was war passiert?
Durch die „Entscheidungsfindung“ ist uns durch die Lappen gegangen, was passiert wenn man doch geradeaus fährt. Dort lagen nämlich mehrere Sweeper (das sind unterspülte Bäume, die zwar noch mit derm Wurzelstock im Erdreich stecken, deren Stamm samt Krone aber von schräg oben ins Wasser ragt).
Und genau auf so eine sind die beiden draufzu ohne noch Zeit zu haben abzudrehen. Wenn man „Glück im Unglück“ hat, kann man drunter her fahren. Wenn man Pech hat, kann nur das Boot ohne Besatzung drunterher (die ragt ja raus…). Weil die beiden sich nicht aus dem Boot schubsen lassen wollten, habe sie sich dan festgehalten, was allerdings nur dazu geführt hat, dass das Wasser das Boot nach unten drückte. Schließlich lief Wasser von oben rein, ruckzuck  war das Boot unter Wasser, die Ausrüstung wird rausgespült… Und genau hinter der war der Franky her, während der Thommy das Boot sicherte. Als ich an der „Unglücksstelle“ ankam, konnte ich noch das Boot unter Wasser sehen. Der Rest war schon raus und ausgebreitet zum Trocknen – Thommy hatte
schon ein Feuer entfacht. Ein paar der entflohenen Ausrüstungsteile konnten wir am nächsten Tag wiederfinden, z.B. die beiden Paddel. Andere Teile blieben aber verschollen. Insgesamt war ich schwer beeindruckt, wie schnell die beiden richtig und ruhig reagiert haben. (Boot sichern. Ausrüstung sichern. Feuer machen.)

Rundflug
Doch auch dieser Trip neigte sich irgendwann dem Ende. Am 6. August werden wir ausgeflogen – ein unglaubliches Erlebnis. Auf einer natürlichen Schotterpiste am Ufer landet eine kleiner Buschflieger, ein dürrer Pilot steigt aus und pinkelt erst einmal hinters Flugzeug… Der Flug ist dank des guten Wetters eine wunderbare Sache, ich kann immer noch schwärmen 🙂 Das nächste Mal fliege ich nur noch!

Abschied von der Freiherz
Auf dem Yukon samt Quellseen haben mir gemeinsam ca. 1.450 km zurückgelegt, auf dem Beaver Creek ca. 220km. Ein wenig traurig bin ich schon, auch wenn vor der Tour klar war, dass ich das Boot am Ende (wenns denn die Beringsee geworden wäre) abschreiben muss. Peter Kamper, der uns die Flüge organisiert hat, hatte auch arrangiert, dass die Boote von in der Nähe lebenden Jägern weitergenutzt werden. Ein Ausfliegen wäre zu teuer gewesen.

Wieder Fort Yukon

Da steh ich nun ich armer Tor…
Erst einmal musste ich mir eine Unterkunft besorgen, um in Ruhe zu überlegen, was ich nun mit der ganzen freien Zeit anfange.
Also wieder hin zum BnB, wo man mich überrascht, aber herzlich empfang – ich durfte im Garten mein Zelt aufstellen – denn es war alles belegt. Hier hatten sich mittlerweile 3 weitere Gäste eingefunden: 2 ältere Kanadier,
die im Kanadier (hahaha) ebenfalls ihren Trip wegen des Windes abgebrochen haben, und Igor, ein italienischer – mir fällt leider kein besseres Wort dafür ein – „Reisejournalist“.
Er war ebenfalls allein im Kanadier auf dem Yukon und wollte nach Erreichen von Fort Yukon den Porcupine River hinunterpaddeln. Auch ihm hat der Wind den Spaß verdorben und er suchte nach neuen Plänen.
Da war ich also nicht allein… Ob dieses Jahr wohl überhaupt ein offenes Paddelboot die Beringsee erreicht?
Jedenfalls war es nix mit „in Ruhe überlegen“, im Positiven Sinne. Am nächsten Tag stießen Ralf, der in einem aufblasbarem Kanu-Floß (bestimmt der falsche Begriff, sorry!) unterwegs war, und Frank und Thomas zu der Gruppe hinzu, allesamt „vom Winde vergrault“.
Thomas und Frank hatte ich bereits in Dawson getroffen, sie hatten am letzten Tag dort meinen Laptop aufgeladen; die beiden Kanadier hatten sich noch am gleiche Tag ausfliegen lassen.
Die Zeit bis zum neuen Trip (später) verging mit Grillen, Bier trinken und Golf spielen (kein Scherz!!!). 🙂

Igor D’India
Dem Igor muss ich einfach ein eigenes Kapitelchen widmen. Ein Geschichtenerzähler vor dem Herrn. Er ist von Toronto aus nach Whitehorse getrampt, um sich dort auf den Yukon und die Spuren von Walter Bonatti zu begeben. Walter Bonatti ist eine Bergsteiger-Ikone (ebenfalls Italiener), der nach dem Ende seiner alpinen Karriere 1965 einen Trip auf dem Yukon und dem Porcupine-River unternommen hat. Auf der Suche nach Zeitzeugen von Walter Bonatti und schönen Geschichten vergisst er nicht, letztere in unnachahmlicher Weise zu erzählen. Wer auf Facebook ist, sollte sich seine Dawson-Brownie-Geschichte zu Gemüte führen.. :-). Außerdem hat er einmal 30 Tage am Stück in einer Höhle verbracht – ebenfalls um ein Experiment zum Zeitempfinden des Menschen nachzuerleben.

Homepage

Neue Pläne, I
Thomas und Frank (ab jetzt Thommy und Franky) überlegten sich, anstatt auf dem Yukon weiterzupaddeln, sich zum Beaver Creek bringen zu lassen – mit Boot – und dort bis zur Einmündung des Victoria Creeks zu paddeln. Auf die Idee hatte sie der Ralf gebracht, der den Beaver-Creek drei (?) Wochen später mit seinem Sohn paddeln wollte. Nach kurzer Anfrage werde ich adoptiert und wir gehen den Trip ab hier gemeinsam an. Aber wie bekommt man ein (bzw. zwei) Kanus(s) aus Fort Yukon dahin??? „Ganz einfach“: Es gibt eine kleinere Barge, die aus Fort Yukon ab und zu Richtung Circle ablegt. Gerrold heißt der Kapitän, der unsin unnachahmlicher Manier gegen die Strömung zurück nach Circle brachte (nix mit „verirren“…!). Dort erwartete uns Sam (Sohn des BnB, siehe obige Berichte) und brachte uns zu der Stelle, an der der Nome-Creek in den Beaver-Creek einmündet.
Ralf hat sich übrigens – soweit ich weiß – noch ein paar schöne Tage in Fort Yukon gemacht, nachdem er uns noch mit der Barge „weggebracht hat“. Igor hat sein Kanu eingetauscht gegen eine (Boots-)Mitfahrgelegenheit nach Old Crow (Kanada), wo ein paar Tage später das alle-paar-Jahre stattfindende Gathering der Gwich’in-Natives (die Natives, die quasi schon immer die Gegend um den Raum um Fort Yukon ansässig waren). Ginnys Mann Clarence war übrigens so eine Art Oberhaupt der Gwich’in und wurde von Präsident Obama für die seine Entwicklung von Arbeitsplätzen in Fort Yukon mit der zweithöchsten zivilen Auszeichnung geehrt.

Übrigens unterhält der Thommy eine Homepage zu allerlei Outdoor Aktivitäten (sehr empfehlenswert!):
http://www.outdoor-life.eu

Bilderstrecke zu „Dawson-Circle“

Bilderstrecke zu „Die Spielhölle des Nordens und ein schwerer Abschied“

Bilderstrecke zu „Tu mal lieber die Möhrchen und durchgeknallte Paddler“

Bilderstrecke zu „Whitehorse – Carmacks“

Bilderstrecke zu „Trottelbuchten, Hobbithöhlen und wer ist hier eigentlich der Boss?“

 

Blutige Nase und/oder weise Entscheidung?

Ende, Das wars. Ich beende den Trip in Fort Yukon.

Ich höre auf mein Gefühl und auch die Vernunft. Ich versuche das Geschehene mal chronologisch aufzubauen, ab dem Tag nach dem Finale.

Montag
Am nächsten Tag ist es immer noch stürmisch. Aber wir fassen den Plan, in Thomas Kajak zu zweit gegen die Strömung zurück nach Fort Yukon zu paddeln. An Thomas Zelt sind nämlich mittlerweile alle Zipper der Reißverschlüsse komplett hinüber, ein absolutes Unding auf so einer Tour.
Das wird ein absoluter Höllenritt. Wir steigen um ca. 6 Uhr morgens ein und fahren am kabbeligen Wasser von gestern vorbei, einen Arm des Porcupine hinauf weil da die Strömung nicht ganz so stark zu sein scheint. Es ist unglaubich anstrengend. Wann ist denn diese Insel vorbei? Fragen wir uns. Da tut sich ein Kanal auf, aber da strömt auch das Wasser gegen uns. Es wird sehr flach und wir laufen auf, müssen das Boot ziehen. Schließlich geht es wieder, sehen das „Festland“ von weitem und legen uns noch einmal ins Zeug. Nach 2 Stunden erreichen wir völlig erschöpft eine anlegestelle mit Straßenanbindung nach Fort Yukon. Nach kurzem Fußmarsch kommen wir am Flughafen vorbei und erkundigen uns nach Flügen nach Fairbanks, aber man rät uns, besser jemanden Bekannten in Fairbanks das neue Zelt in ein Flugzeug nach Fort Yukon zu legen, das ist wesentlich günstiger.
Plötzlich kommt mit Hannah eine Freundin von Ginny aus dem BnB rein und holt ein Päckchen ab. Sie nimmt uns mit zu Ginnys BnB. Ginnys Sohn Sam wohnt in Fairbanks und besorgt uns Zelte (ich nutze die Chance und besorge mir ein Ersatzzelt, weil meine Zipper absehbar den Geist aufgeben werden), derweil finde ich meine GoPro unter dem Bett von gestern wieder. Schließlich haben wir eine lange Pause, weil die Zelte erst abends um 19 Uhr da sein werden. Wir erledigen ein paar Einkäufe und ich beantworte die Email von der SPOT Gesellschaft, die nicht besonders hilfreich war. Birgit sagt mir, dass die OK Nachricht von gestern auch nicht angekommen ist. Zum Kotzen. Zurück bei Ginny sinnieren wir über den Wetterbericht, der den gleichen Wind für die nächsten 5 Tage ansagt. Fressen die Flats jetzt meine Pufferzeit für das eigentliche Ende der Tour auf? Noch mehr solche Momente wir kurz nach dem Finale brauche ich nicht, das war eindeutig die Grenze für mich und die Freiherz. Ich kann nur „Aussitzen, bis besseres Wetter da ist“. Auch unsere kleine Gemeinschaft scheint kurz vor der Auflösung, weil ich so natürlich für Thomas eine Bremse bin, was ich nicht sein will. Wir sinnieren ein Weilchen, entschließen uns aber doch, bis zum Dalton-Highway gemeinsam zu paddeln. Noch 280km. Am Abend paddeln wir durch den Wind zurück und fallen unglaublich müde in unsere Schlafsäcke. Im Kajak geht das alles eindeutig besser.

Dienstag
Es bleibt so windig. Dafür wird gerade das Fischnetz kontrolliert, das an unserer Insel festgemacht war. Von den drei Fischern bekommen wir einen großen Weißfisch, den wir sofort braten und verschlingen. Wenigstens ein paar schöne Momente zwischendurch, so wie auch gestern beim Abendbrot so gegen 23 Uhr: Ein kleiner Fuchs kommt aus dem Wäldchen fast direkt auf uns zu. Er bemerkt uns nicht, trabte aber schon bald aus dem Blickfeld. Wo ist die Kamera??? Zu spät…

Mittwoch
Die Lage ist unverändert.

Donnerstag
Der Wind bläst weiter. Irgendwie scheint der Fluss zu sagen: „Nicht dieses Jahr, Bernd; nicht im solo-gepaddelten Tandem-Kanadier“. Wo ist die Grenze zwischen weiser Entscheidung und verfrühtem Beenden? Selbst wenn der Wind nachlässt – und mein Gefühl sagt mir, dass er das nicht wird, sind es so noch mit meinem Gefährt und der Wetterlage für mich 5-6 Tage bis zur Brücke am Dalton Highway. Wieviel Puffer-Zeit habe ich dann insgesamt noch? Ich schaue mir die Strecke auf der Karte an und mir dräut, dass der Wind auf diesem Teil extrem weite Flächen und gerade Strecken hat, Wellen aufzubauen (von wegen „Flats“…). Das wird so schnell nicht besser werden. Welchen Preis bezahle ich für das Erreichen des Dalton Highways, welches Risiko gehe ich dabei ein, wie fühle ich mich im Boot, wo war die Grenze mit Wind und Wellen? Lasse ich mich zu sehr von meiner aktuell miesen Laune beeinflussen? So viel Kampf für diese Tour und dann das Ziel nicht erreichen? Ist es so schlimm, die Grenze zu akzeptieren, dafür aber einen Grund zu haben, wieder zu kommen und die Tour gemeinsam mit dem Fluß – nicht gegen ihn – zu beenden?

Gefühlsentscheidung
Ich überlege noch einmal, denke an den Beginn der Tour – Wind – und höre auf dieses Gefühl, dass mir der Fluss zu sagen scheint, dass es dieses Jahr nichts wird. Das Fischerboot von vor 2 Tagen kommt zufällig vorbei, ich winke es heran. Sie nehmen mich mit nach Fort Yukon, gegen ein wenig Spritgeld. Ich fühle mich erleichtert und mies zugleich. Thomas wollte ohnehin am nächsten Tag notfalls auch allein aufbrechen, er bleibt auf der Insel, kommt nicht mit; ich lasse ihm noch meinen Bezinkanister, Brot und Wasser da, gebe ihm noch die Sectional Aeronautical Map von den Flats, und dann geht alles ganz schnell. Ich wünsche ihm alles Gute und dass er im Wind weise Entscheidungen trifft.

Warum höre ich auf dieses Gefühl?
Das wird niemanden überraschen, dass dies meine bisher extremste Tour war. Aber auf dieses „lass es besser“-Gefühl konnte ich mich auch auf den bisherigen Touren immer verlassen. Es hat mich davon Abgehalten, Unsinn anzustellen. Manchmal geht es einfach nicht. Besser ich komme mit den Erfahrungen eine Tages weiser wieder.