Tu mal lieber die Möhrchen und durchgeknallte Paddler

Das Wiedersehen mir Birgit musste erst einmal ordentlich gefeiert werden;  Details bleiben an dieser Stelle aber unveröffentlicht.
Am nächsten Tag (23. Juni) erledigten wir noch schnell ein paar Einkäufe bevor wir vom Huskybus („Linienbus“ zwischen Whitehorse und Dawson City) in Carmacks abgesetzt wurden.
Losfahren wollten wir aber erst am 24., nicht gleich hetzen (und ich musste ja noch etwas in den Blog schreiben… ;-)).

Stromschnellen
Sofort erwarteten uns 2 Höhepunkte der Strecke bis Dawson City: 2 Stromschnellen. Zuerst die berühmt-berüchtigten
„Five Finger Rapids“, kurz danach schon die „Rink Rapids“. Für Paddler ist an beiden Stellen klar, dass man „einfach“ auf der rechten Seite durchpaddelt.
Trotzdem hatten wir mächtig Muffensausen. Bei den Five Finger Rapids teilen 4 riesige Felsungetüme den Fluss in „5 Finger“ – danach bilden sich Wirbel und stehende Wellen, in denen man bei einer Kenterung leicht Boot (und Mann) verlieren kann.
Wir sind mit der schwer beladenen Freiherz auf der rechten Seite „einfach durchgebrettert“. Die Wellen schwappten zwar rein und wir haben viel Wasser aus dem Boot schöpfen müssen aber eigentlich war das alles relativ harmlos. Sagt sich jetzt nachher so einfach…
Auch die Rink Rapids machen vorher ein Mordsgetöse, und man denkt „da ist überall Wildwasser“, aber dann tut sich rechts ein Kanal auf, an dem man am Getöse einfach vorbeischleichen kann. Das Wasser ist nach solchen Stromschnellen immer etwas wehrig, aber es liess sich alles meistern.
Am Ende des Tages wurden wir mit einem versteckt, aber wunderschön gelegenen Campspot belohnt: An der Einmündung des Williams-Creeks mit zerfallenen alten Hütten hatte jemand hate schon eine Bank und Tischchen gezimmert und erleichterte und so das Kochen.

Tu mal lieber die Möhrchen!
Birgit hatte Möhren eingekauft, die natürlich im Laufe der Woche verputzt werden mussten. Und so gab es jeden abend Möhrchen mit Reis, Möhrchen mit Chili, Möhrchen mit Zimt, Möhrchen mit…
Nein, nicht mit Zimt. Und auch nicht jeden abend. Trotzdem musste ich angesichts des Möhrchen-Haufens an Helge Schneiders Klassiker „Tu mal lieber die Möhrchen“ denken.
Zumindest haben wir dann in der Regel ab frühem Nachmittag darüber nachgedacht, welche Beilage denn nun abends die Möhrchen zieren würde.

Das Höllentor
Tag 2 unserer gemeinsamen Reise führte uns vorbei an Minto, einem mittlerweile nicht mehr bewohntem Ort. Hier sahen wir zu ersten mal eine sogenannte „Barge“. Das ist eine Fähre mit extrem wenig Tiefgang, die an dieser Stelle eine auf der anderen Flussseite gelegene Kohlemine versorgte.
Die Dinger fahren sogar gegen die Strömung und verursachen dabei Mordswellen. „So einem Ding wollen wir aber nicht in die Quere kommen“ dachten wir da nur. Später sollten wir tatsächlich noch welchen begegnen – aber wir hielten vorsorglich genügend Abstand. Nach Minto war ein Flussabschnitt zu bewältigen, der als Hell’s Gate bezeichnet wurde.
Viel Tam-Tam, zumindest heute. Unzählige Inseln tuen sich auf einmal auf und teilen den Fluss entsprechend in Abzweige, bei denen man schnell die Übersicht verlieren kann. Auch sind nicht alle dieser Kanälchen ausreichend tief. Irgendwann hat man aber für die großen Schaufelraddampfer auf der linken Seite mit etwas Dynamit einen schon vorhandenen Kanal mit etwas mehr Tiefgang versehen,
so dass die Durchfahrt für uns dann doch sehr einfach war, nachdem wir den Eingang, den „Devil’s Lookout“ passiert hatten.
Das Lager schlugen wir am Abend, nach etwas Regen und Gegenwind, in Fort Selkirk auf. Es ist ein liebevoll restauriertes Dörfchen, das heute Flussfahrern und Wanderern als Campingplatz zur Verfügung steht. Eine freundliche Hausmeisterin steht mit Rat und Tat zur Seite und man kann die alten Hütten sogar betreten. Eine eigenartige Stimmung überkommt uns, als wir das beim Abendspaziergang auch tatsächlich tun.
Die Zeit scheint hier still zu stehen. Das Dorf war ursprünglich eines der wichtigsten Handelszentren am Yukon, verlor aber seine Bedeutung, als die großen Highways fertiggestellt wurden (wie auch Minto).
Als wir draußen noch ein paar Meter weiter gehen, werden wir von einer „Great Grey Owl“ (eine Eule, die genaue Übersetzung habe ich noch nicht) beäugt. Wir sind noch nie so gelangweilt anguckt worden. Als Birgit und ich nach kurzem Blick auf unsere Fotoergebnisse wieder aufschauen, ist sie schon weg. Einfach so, nach einer Sekunde. Kein Geräusch und keine Bewegung mehr auszumachen – wir sind verblüfft.

Durchgeknallte Paddler
Wir hatten die ganze Zeit ja schon überlegt, wann uns den die eilnehmer des Yukon River Quest ein- und überholen würden. Am Morgen des 27. war es dann soweit: Bei meiner Morgentoilette sah ich die ersten Kajaks auf der anderen Flusseite entlangflitzen. „Na dann haben wir heute ja richtig Unterhaltung“, wehlockten wir. Aber es kam alles ganz anders. Ein „Werbebanner“, das frischen Kaffee und Kuchen versprach, lockte uns in einen Nebenarm mit mächtig Gegenwind zu Kirkman Creek.
Dort angekommen, trauten wir unseren Augen nicht: gemähter Rasen und jede Menge wichtige Leute, die uns erst beim Aussteigen helfen wollten, dann aber ein paar Meter wieder zurück schickten, als erkannt wurde, dass wir gar keine Teilnehmer des Quests sind. Hier war nämlich offizielle Pausenstation für alles Teilnehmer (Questies) – 3 Stunden mindestens. Birgit kundschaftete schnell die Lage aus und ergatterte für uns und unser Zelt einen Platz in der ersten Reihe. So throhnten wir fast über den völlig erschöpft eintrudelnden Questies und konnten uns die doch sehr
einfallsreichen Erholungsstratagien bewundern, während wir Kaffee und Kuchen und nachher Rührei mit Pfefferwurst verdrückten. Nur ein Beispiel: 2 kamen einfach rauf, spröhten sich halbherzig mit Mückenmittel ein und wickelten sich dann in eine Plane am Boden ein. Fertig. Aber ja, wenn man die ca. 700km in höchstens 5 Tagen packen will, muss man ja auch paddeln und nicht schlafen…

Ein letztes Bad
„Heute mündet der White River in den Yukon – dann ist der Fluss nur noch eine einzige braune Brühe!“ rief ich Birgit zu. Schnell gönnten wir uns ein letztes Bad im auch so schon nicht mehr klaren Wasser und erlebten anschließend die wohl einfachsten Paddeltage.
Der Fluss weitete sich zwar, und wegen der Sedimente des White River ist er sehr versandet, d.h. sehr flach und Treibholz versperrt häufig den vermeintlich geraden und schnellsten Weg. Dafür
legte er aber enorm an Geschwindigkeit zu. Zudem konnten wir auf den unzähligen Inselchen auch ganz wunderbar zelten – ca. 30km von Dawson City aus ein letztes Mal gemeinsam ;-(. Am 30sten erreichten wir Dason City, DIE Stadt des Goldrausches am Klondike (der bei Dason in den Yukon einmündet), wir legten aber nicht Downtoen an, sondern auf der anderen Flusseite, wo das Dawson City River Hostel ist. Eine Fähre föhrt Tag und Nacht bei Bedarf über den Fluss.

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